Interview: FSJ und Corona (I)
Einen Freiwilligendienst mit Schwerpunkt Politik bei einer politischen Partei oder Fraktion im Landtag zu durchlaufen, wie es bei mir der Fall ist, liegt nahe. Doch auch Museen, Gedenkstätten oder Jugendverbände geben jungen Menschen die Möglichkeit, ein FSJ-Politik zu absolvieren. Einer davon ist Jan. In der evangelischen Akademie in Neudietendorf organisiert er mit seinen Kolleg*innen vor allem Seminare und Workshops zur politischen Bildung, Literatur oder Geschichte. Auch hier hinterlässt der Lockdown, ausgelöst vom Coronavirus SARS-CoV-2, seine Spuren. Ich habe mit ihm über seine aktuelle Arbeit gesprochen (und dabei natürlich für einen gewissen Abstand gesorgt).
Franz: Die Coronakrise hat vor gut 2 Monaten auch bei unseren Einsatzstellen für Tumulte gesorgt. Ich, beispielsweise, war die letzten Wochen im Homeoffice, wo ich mich größtenteils mit Recherchearbeit und dem Verfassen von Blogbeiträgen vergnügen durfte. Wie sieht das bei dir aus? Wie ist es dir in den letzten Wochen ergangen?
Jan: Mir erging es ähnlich, Recherchearbeit für Veranstaltungen im kommenden Jahr hat einen großen Teil meiner Arbeit der letzten zwei Monate ausgemacht. Dazu kamen einzelne Vorbereitungen für digitale Veranstaltungsformate, bzw. das Abarbeiten von Sachen, die vorher liegengeblieben sind.
Franz: Gibt es aktuell einen Unterschied zu deiner eigentlichen Arbeit?
Jan: Da nahezu alle Präsenzveranstaltungen bis zum Sommer weggefallen sind, bin ich weniger mit organisatorischer Vor- und Nachbereitung beschäftigt. Auch das Begleiten von Veranstaltungen fehlt leider. Dies war sonst immer eine gute Möglichkeit, um neues zu lernen und neue Erfahrungen zu sammeln. Natürlich bleibt auch der übliche Kontakt zu meinen Kolleg*innen aus, wie beim gemeinsamen Frühstück am Morgen.
Franz: Der Träger des FSJ, die LKJ Thüringen, bietet als Alternative zu unseren ausfallenden Bildungsseminaren, freiwillige Webinare an. Wie findest du das? Nimmst du sie wahr?
Jan: Sie ersetzen zwar nicht das Beisammensein und das damit verbundene Feeling der weggefallenen Seminare, dennoch stellen sie ein situationsgerechtes Alternativangebot dar, bei dem sicher für jeden etwas Interessantes dabei ist. Ich habe beispielsweise schon an einem Webinar zum Thema „Eigene Podcasts erstellen“ teilgenommen.
Franz: Seit gut einer Woche bin ich wieder in meinem Büro. Wie sieht es bei dir aus? Wie sind die Absprachen für die Zukunft?
Jan: Meine Einsatzstelle geht es noch etwas langsamer an. Alle Mitarbeitenden werden ab Pfingsten zwei Mal pro Woche im Büro anwesend sein, gut über die Woche verteilt, um zu viele Kontakte zu vermeiden. Nach und nach werden wir uns dann auch öfter im Büro einfinden.
Franz: Nun hast du natürlich deutlich mehr Kontakt zu anderen Menschen und Gruppen in deiner Einsatzstelle, sei es durch Seminare oder Workshops. Wie löst ihr das in deiner Einsatzstelle?
Jan: Anfangs drohten die meisten Veranstaltungen auszufallen. Nun wurde jedoch ein Teil in Onlineformate umgewandelt, gerade im Bereich der Jugendbildung. Ist dies nicht möglich, werden die Veranstaltungen mit beschränkter Teilnehmerzahl in größeren Räumen stattfinden. Am 8. Mai fand bereits ein Literaturgottesdienst unter diesem Konzept statt. Für alle, die nicht kommen konnten, wurde dieser aufgezeichnet und danach online zugänglich gemacht.
Franz: Zum Schluss noch eine Frage, die mir in den letzten Wochen immer häufiger gestellt wurde: Macht es dir, trotz Corona, Spaß? Hat dir dein FSJ-Politik geholfen?
Jan: Spaß macht es auf jeden Fall. Ich konnte in meinen bisherigen Monaten eine Menge erleben und vor Corona Veranstaltungen zu vielfältigen Themen begleiten. So konnte ich zum Beispiel neues Wissen über das Bedingungslose Grundeinkommen oder das Darknet sammeln. Aber auch die gemeinsame Arbeit in einem Team über längere Zeit war eine lohnenswerte Erfahrung.
Franz Ellenberger
FSJ-Politik
Jan Einicke
FSJ-Politik bei der ev. Akademie Thüringen