Am 9. Februar 1895 wird Hermann Louis Brill als Sohn des Schneidermeisters Michael Brill in Gräfenroda/Thüringen geboren. Nach der Bürgerschule in Ohrdruf durchläuft er von 1909 bis 1914 eine Ausbildung zum Volksschullehrer am Herzog-Ernst-Seminar in Gotha.

Sein Berufseinstieg wird vom Ersten Weltkrieg unterbrochen. Hermann Brill meldet sich freiwillig am 18. August 1914 zum Heeresdienst an der Ostfront. Nach einer ersten Verwundung und einem Lazarettaufenthalt meldet er sich 1917 freiwillig an die Westfront. Nach Einsatz bei der Feldluftschiffertruppe und mehreren Abstürzen kehrt er nach der Demobilisierung am 21. Dezember 1918 in den Schuldienst nach Ohrdruf zurück. Nach Mitarbeit an der sozialdemokratischen Presse ab 1912 tritt Brill 1918 in Gotha in die USPD ein und wechselt 1922 zur SPD. Ab März 1919 ist er Abgeordneter der Gothaischen Landesversammlung und ab 1920 des Thüringer Landtages.

Das Krisenjahr 1923 stellt die junge Weimarer Republik auf die Probe. Besonders in Thüringen: Von Bayern aus arbeiten die Anhänger Adolf Hitlers an der Beseitigung der Demokratie, von Sachsen aus plant die KPD den Umsturz nach sowjetischem Vorbild. Als Chef der Polizeiabteilung im Innenministerium setzt Hermann Brill alle verfügbaren Mittel ein, um die Republik zu retten. Seine Landespolizei kann die rechtsextreme Bedrohung in Südthüringen im Sommer 1923 abwenden. Schwieriger ist der Umgang mit der KPD: Einerseits ist sie seit Oktober 1923 an der Landesregierung beteiligt, andererseits plant sie im Auftrag der Kommunistischen Internationale einen Putsch. Brill hilft dabei, den von Walter Ulbricht gesteuerten Aufmarschplan in Thüringen zu vereiteln. Dennoch greift die Reichsregierung in das Geschehen ein und setzt die demokratisch legitimierten Landesregierungen von Sachsen und Thüringen Ende Oktober 1923 ab. Die politische Krise hinterlässt ihre Spuren: Bei der Landtagswahl im Februar 1924 siegen die Rechtsparteien. Hermann Brill wird aus der Verwaltung entfernt und als Beamter in den Wartestand versetzt. Als Parlamentarier tritt er jedoch weiterhin für seine politischen Ziele ein.

In Thüringen erringen die Nationalsozialisten bereits 1930 eine Beteiligung an der Landesregierung. Es gelingt ihnen, mit Dr. Wilhelm Frick das Innen- und Volksbildungsministerium zu besetzen und mit dem nationalsozialistischen Umbau zu beginnen. Als Frick 1930 Adolf Hitler unrechtmäßig zum Gendarmeriekommissar in Hildburghausen ernennt, setzt der Landtag einen Untersuchungsausschuss ein. Am 15. März 1932 lädt Brill Hitler als Zeugen vor und bringt ihn mit seiner ruhigen Art derart in Rage, dass er die Fassung verliert und eine öffentliche Blamage erlebt. Nach der Machtübernahme am 30. Januar 1933 verliert Brill seine Beamtenstelle und seine Doktorwürde. Es folgen mehrere Verhaftungen. Schließlich wird er 1938 zu 12 Jahren Zuchthaus wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ verurteilt. Diese „verbüßt“ er im Zuchthaus Brandenburg-Görden und ab 1943 im KZ Buchenwald. Hier wird er Vorsitzender des illegalen Deutschen Volksfrontkomitees und schreibt am „Buchenwalder Manifests der demokratischen Sozialisten“ vom 13. April 1945 mit. Darin werden die Vernichtung von Faschismus und Militarismus, die Schaffung einer Volksrepublik, die Wiederherstellung der Freiheitsrechte und soziale Reformen gefordert.

Als das NS-Regime 1945 untergeht, ist Brill Gefangener im KZ Buchenwald. Im Zuge der Befreiung verlässt Brill am 27. April 1945 das Lager und beteiligt sich im Auftrag der amerikanischen Besatzer am Aufbau der Kommunal- und später der Landesverwaltung. Am 9. Juni wird er offiziell zum Regierungspräsidenten von Thüringen berufen. Vier Wochen später jedoch rückt anstelle der amerikanischen Besatzungsmacht die Rote Armee in Thüringen ein und setzt ihn am 16. Juli auf Betreiben Walter Ulbrichts wieder ab.

Die neuen Machthaber sind an Hermann Brills Konzept vom demokratischen Sozialismus nicht interessiert. Sie planen eine Diktatur nach sowjetischem Vorbild und streben eine Einheitspartei der Arbeiter unter kommunistischer Vorherrschaft an. Nach mehreren Verhören bleibt ihm nur die Flucht. Ende 1945 geht er nach Berlin, wenige Monate später dann nach Hessen. Dort wirkt er als Chef der Staatskanzlei am Aufbau eines demokratischen Staates mit. Er beteiligt sich an der Erarbeitung des Grundgesetzes und wird 1949 Mitglied des ersten Bundestages.

Von 1946 bis 1949 ist Hermann Brill Staatssekretär und Chef der Staatskanzlei des Hessischen Staatsministeriums in Wiesbaden. In dieser Funktion vertritt er das neue Bundesland Hessen auch bei den Beratungen für eine neue deutsche Verfassung. Auf Brills Initiative gehen der besondere Schutz der Grundrechte, der Text der Präambel, die Regelung des Verhältnisses zwischen Bund und Ländern sowie die Ausgestaltung der Rolle des Bundespräsidenten zurück. Trotzdem wählt der hessische Landtag den streitbaren Politiker nicht in den Parlamentarischen Rat, der letztlich das Grundgesetz in Kraft setzt. Sein Wissen und seine Ideen bleiben gefragt: Als Mitglied des ersten Bundestages und als wissenschaftlicher Berater des hessischen Ministerpräsidenten Georg-August Zinn. Am 22. Juni 1959 stirbt Hermann Brill in Wiesbaden.