„Wir müssen grundsätzlich stärker in die Infrastruktur investieren.“

Infrastrukturpolitiker Lutz Liebscher im Gespräch über den ÖPNV in Thüringen.
Die Fragen stellte Marc Emmerich.

Als Landtagsabgeordneter bist du viel in Thüringen unterwegs. Welches Verkehrsmittel bevorzugst du?

Tatsächlich den Zug. Aber in vielen Teilen Thüringens fährt der Zug nicht gerade bis vor die Haustür. Dann bin ich mit dem Auto unterwegs.

Laut Bundesumweltamt schafft der Verkehrssektor es nicht, seine Treibhausgasemissionen zu mindern. Warum fällt das gerade in diesem Bereich so schwer?

Die Verkehrspolitik in Deutschland war über lange Zeit hinweg vor allem eine Politik für den individuellen Verkehr auf der Straße. Hier wollen wir gegensteuern und den Anteil des ÖPNV am Mobilitätsverhalten in Thüringen in den nächsten fünf bis sieben Jahren verdoppeln. Damit wir das schaffen, muss natürlich der Nahverkehr attraktiver werden. Da kann man in Thüringen schon viel machen.

Zum Beispiel?

Wir sind verantwortlich für die Nahverkehrspläne. Da geht es darum, Anschlüsse sicherzustellen, dass man nicht etwa aus dem Zug aussteigt und der Bus fährt einem vor der Nase weg. Genauso wichtig sind der Ausbau und die Elektrifizierung der Mitte-Deutschlandverbindung. Wir als Fraktion wollen auch im ländlichen Raum die bestehenden Angebote erhalten und ausbauen. Dafür müssen wir stillgelegten Strecken reaktivieren und die Busflotten modernisieren und ausbauen.

Das klingt teuer.

Das stimmt, wir müssen grundsätzlich stärker in die Infrastruktur investieren. Wenn ich zum Beispiel im Regionalverkehr von Diesel auf batteriebetriebene Züge und Busse umstelle – das unterstützt das Land bereits finanziell – dann braucht es nicht einfach nur ein neues Fahrzeug. Daraus ergeben sich auch neue Anforderungen an die Infrastruktur. Batteriebetriebene Züge sind schwerer als die bisherigen dieselbetriebenen Züge. Das heißt, es wirkt auch eine andere Last auf die Gleise. Gleichzeitig haben wir Brücken, die das gar nicht aushalten können. Das sind kostenintensive Aspekte, die oft nicht gesehen werden, wenn über die Verkehrswende gesprochen wird.

Auch nicht von Rot-Rot-Grün?

Doch, wir haben erst im Januar einen Antrag eingebracht und auch beschlossen, dass wir eine größere Ehrlichkeit wollen, was die Finanzierungsbedarfe angeht. Das schaffen wir durch ein sogenanntes Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz. Damit sorgen wir für Planbarkeit und werden dauerhaft Geld einstellen.

Wenn allein für die Infrastruktur und die Beschaffung neuer Fahrzeuge so viel Geld in die Hand genommen werden muss, ist das Deutschland-Ticket da der richtige Schritt?

Ja, weil es als Nachfolger-Ticket zum 9 Euro-Ticket tolle Dinge leistet. Es vereinfacht den Tarifdschungel. Du kannst von deinen 49 Euro Bus fahren, Straßenbahn fahren, Regionalverkehr fahren und musst dir nicht mehr an der Landkreisgrenze Gedanken machen, welches Ticket, welcher Ticketpreis jetzt gilt. Und viele Menschen, die beruflich auf die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs angewiesen sind, werden dadurch dauerhaft entlastet.

Auch junge Menschen?

Auf jeden Fall. Ich bin auch aufgeschlossen dafür, perspektivisch ein noch günstigeres Ticket für junge Menschen ergänzend zum Deutschland-Ticket aufzulegen. Und noch etwas: Das Azubiticket muss dauerhaft im Tarifsystem verankert bleiben. Nur so garantieren wir Auszubildenden in jedem Fall ein günstiges Ticket und das ist mir wichtig.

Wahlkreis Jena II

Sprecher für Infrastruktur (Verkehr, Bau, Wohnen, Landesplanung), Forst, Landwirtschaft, Wissenschaft und Forschung