Ein Debattenbeitrag von Janine Merz
Haushaltsverhandlungen sind immer schwierig. Und in Thüringen für 2022 ohne Mehrheit der Regierungsfraktionen besonders: Über 22 Monate Pandemie haben den öffentlichen Kassen einiges abverlangt. Die wirtschaftliche Entwicklung hat zeitweise stagniert, Steuereinnahmen sind zurückgegangen und gleichzeitig gilt es, die öffentliche Daseinsvorsorge auf einem angemessenen Niveau zu halten. Thüringen soll schließlich lebenswert sein und bleiben.
In dieser Sache, so nehme ich die Gespräche wahr, sind sich alle Verhandlungspartner:innen einig. Gleichzeitig bewährt sich leider auch das Sprichwort, dass viele Köche nicht zwangsweise einen guten Brei kochen. Vier Fraktionen mit zum Teil erheblich unterschiedlichen Vorstellungen davon, wie wir Thüringen voranbringen, müssen zusammenfinden. Und zwar so zusammenfinden, dass am Ende auch ein vernünftiger Haushalt herauskommt. Das ist ein Balance-Akt.
Deshalb haben wir uns in der SPD-Fraktion sehr früh angeschaut, an welchen Stellen wir in Thüringen dringend Geld in die Hand nehmen müssen. Aus guten Gründen stehen die Schwerpunkte Familie, wirtschaftlicher Wandel und gesellschaftlicher Zusammenhalt ganz oben auf unserer Liste.
Denn klar ist, dass die Pandemie insbesondere für Familien, Kinder und Jugendliche erhebliche Belastungen bedeutete. In den Verhandlungen haben wir die anderen Parteien davon überzeugt, deutlich mehr Geld für die örtliche Jugendförderung in die Hand zu nehmen (plus 2 Millionen Euro). Auch die Schulsozialarbeit wird mit zusätzlichen 1,8 Millionen Euro gestärkt.
Durchgesetzt haben wir außerdem, dass die Praxisintegrierte Ausbildung für Erzieher:innen verstetigt wird und für die kommenden drei Jahre gesichert ist. Damit gewinnen wir mehr gutes Personal für die Kindergärten und verbessern die Qualität der frühkindlichen Bildung. Zudem konnten wir das Landesprogramm für solidarisches Zusammenleben in vollem finanziellen Umfang erhalten.
Viele Regionen in Thüringen erleben derzeit einen tiefgreifenden Strukturwandel, zum Beispiel in der Automobil- und Zulieferindustrie. Wir wollen, dass das Land diesen Wandel unterstützend begleitet und dafür sorgt, dass regionale Wertschöpfung und gute Arbeitsplätze in Thüringen erhalten bleiben. Deshalb haben wir durchgesetzt, dass 250.000 Euro für eine Technologieberatungsstelle in diesem und in den nächsten 3 Jahren zur Verfügung stehen.
Die Pandemie stellt unser Zusammenleben auf die Probe. Das betrifft das Gesundheitssystem genauso wie die öffentliche Debattenkultur und den solidarischen Umgang untereinander. Wir wollen den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken und haben deshalb wichtige Akzente in den Bereichen Innere Sicherheit, öffentliche Daseins- und Gesundheitsvorsorge und Infrastruktur gesetzt.
Zum Beispiel investieren wir weitere 2,7 Millionen Euro in den Brand- und Katastrophenschutz. Mit dem Krankenhausstrukturgesetz sichern wir 82,5 Millionen Euro für den Krankenhausbau und unterstützen die kommunalen Gesundheitsämter mit weiteren 1,7 Millionen Euro.
Außerdem haben wir dafür gesorgt, dass Ostthüringen besser angebunden werden kann: Die Verhandlungspartner haben den Planungskosten für den zweigleisigen Ausbau der Mitte-Deutschland-Verbindung zugestimmt. Das Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit haben wir gegen den erbitterten Widerstand und die Kürzungsorgien der CDU voll erhalten.
Die Qualität gesellschaftlichen Zusammenhalts macht sich vor allem direkt vor Ort bemerkbar, in unseren Gemeinden, Städten und Landkreisen. Zusammen mit den anderen Regierungsfraktionen haben wir daher die CDU für ein zusätzliches Kommunalpaket in Höhe von 130 Millionen Euro gewonnen, um hier vor allem auch die Auswirkungen der Pandemie gut auffangen zu können.
Haushaltsverhandlungen sind immer schwierig. Dass sie trotzdem gelingen, verdankt sich dem außerordentlichen Engagement der Fachreferent:innen, der Haushaltspolitiker:innen und vor allem auch der Bereitschaft aller Parlamentarier:innen Verantwortung für das Land und die Zukunft Thüringens zu übernehmen. Das Ergebnis ist also in doppelter Hinsicht ein voller Erfolg: Es setzt die richtigen Akzente für die Zukunft Thüringens und es ist ein deutliches Zeichen für die Stärke unserer parlamentarischen Demokratie.