Erklärung der SPD-Landtagsfraktion zur Demokratieförderung in Thüringen

Wir, die Abgeordneten der SPD-Landtagsfraktion stehen an der Seite der Zivilgesellschaft und aller Bürgerbündnisse und Initiativen, die mit ihrem Handeln aktiv die Demokratie verteidigen und sich für eine soziale, vielfältige und tolerante Gesellschaft einsetzen. Wir fühlen uns gerade mit Blick auf die jüngsten Ereignisse – die Razzien in der Reichsbürger-Szene und die dabei aufgedeckten Verbindungen zur AfD – sowie wegen der Tatsache, dass die Auseinandersetzungen um unsere Demokratie immer mehr zum Kulturkampf werden, verpflichtet, die Demokratieförderung im kommenden Jahr umso mehr in den Blick unseres politischen Handelns zu nehmen. Dass angesichts wachsender Aktivitäten in der rechten Szene, einer Zunahme rechter Gewalt und damit verbunden eine immer weiter steigende Bedrohung für unsere Demokratie genau bei denjenigen gekürzt wird, die jeden Tag im Zeichen der demokratischen Bildung und Verteidigung der Freiheit aktiv sind, ist für alle Abgeordneten unserer Fraktion im Thüringer Landtag nur schwer zu argumentieren.


Die gegenwärtigen Mehrheitsverhältnisse im Thüringer Landtag erweisen sich als Belastungsprobe für das parlamentarische System Thüringens. Die Minderheitsregierung arbeitet ohne eine tragfähige Vereinbarung einer stützenden oder kooperierenden Mehrheit im Thüringer Landtag. Dies führt mitunter zu destruktiven Entscheidungen im Parlament, die der Entwicklung unseres Freistaats wenig dienlich sind. Dazu gehört, dass wir nun einem Haushalt zustimmen werden, in dem eine Kürzung von 400.000 Euro bei Demokratieförderprogrammen vorgesehen ist. Das ist dem Umstand geschuldet, dass die CDU-Fraktion ihre Zustimmung zu einem insgesamt 13-Milliarden-Euro schweren Landeshaushalt davon abhängig gemacht hat und indirekt immer wieder eine drohende Abstimmung mit der AfD im Raum stand. Die Kürzung des Landesprogramms für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit um 400.000 Euro schmerzt uns besonders, doch zur bitteren Wahrheit gehört leider auch: Im Raum stand wochenlang eine seitens der CDU geforderte Kürzung in doppelter Höhe. Dass es dazu nicht gekommen ist, verdanken wir allen, die mit rotrotgrünem Verhandlungsmandat einen Kompromiss mit der CDU finden mussten.


Unsere Überzeugung, dass die Situation, wie wir sie im Thüringer Landtag leider täglich erleben, am sinnvollsten durch vorgezogene Neuwahlen zu lösen ist, bleibt. Bis sich die dafür nötige Mehrheit gefunden hat, bleibt unsere Antwort auf diese Situation: Kompromisse mit allen demokratischen Abgeordneten zum Wohle unseres Freistaates zu finden. Leider gehört dazu auch und insbesondere der Landeshaushalt.


Trotz und auch wegen dieser allein durch die CDU durchgedrückten Kürzungen halten wir an unserem Plan fest, die Errichtung eines Demokratiefördergesetzes für Thüringen zu unterstützen – wenngleich uns bewusst ist, dass dieses Vorhaben in einer Minderheitsregierung, die auf Stimmen von CDU oder FDP angewiesen ist, nur schwer umsetzbar ist. Trotzdem stehen wir politisch und auf allen uns zur Verfügung stehenden Wegen dafür ein, eine gesetzliche Grundlage für die vielfältigen zivilgesellschaftlichen Strukturen in der Demokratieförderung in Thüringen zu schaffen und eine Demokratie-Förderstrategie zu entwickeln.
Wir, die Abgeordneten der SPD-Landtagsfraktion stehen fest an der Seite aller Engagierten, die sich den Feinden unserer Demokratie entschlossen entgegenstellen und in Form von politischen Bildungsangeboten für mehr Akzeptanz für unsere demokratische Grundordnung in der Bevölkerung werben.


Dennoch bleibt für uns gerade hier und jetzt die Frage, wie wir zukünftig und damit auch bei möglichen anderen Mehrheitsverhältnissen ein derartiges Vorgehen der politischen Opposition verhindern können. Und unsere klare Antwort darauf kann nur sein:


Wann immer die Thüringer Sozialdemokratie in Zukunft in eine Regierung dieses Landes eingebunden wird, muss eine zentrale Forderung in einem Koalitionsvertrag mit den jeweiligen demokratischen Partnern lauten, dass unter keinen Umständen Kürzungen bei den in Rede stehenden Landesprogrammen, sondern vielmehr eine Verstetigung und soweit erforderlich auch eine schrittweise Erhöhung der Haushaltsmittel eine nichtverhandelbare Bedingung ist.


Wir bedanken uns ausdrücklich bei den vielen Menschen in unserem Freistaat, die jeden Tag mutig und engagiert für eine wehrhafte Demokratie einstehen, Opfer von rechter Gewalt unterstützen und sich entschlossen gegen Rechts stellen. Für sie alle setzen wir uns im Parlament und in den Wahlkreisen ein, weil dafür auch der Name unserer Partei seit mehr als anderthalb Jahrhunderten steht: Für soziale Demokratie!

Matthias Hey (Fraktionsvorsitzender)
Diana Lehmann (Parlamentarische Geschäftsführerin)
Lutz Liebscher (Stellvertretender Fraktionsvorsitzender)
Dorothea Marx
Denny Möller
Janine Merz
Dr. Thomas Hartung
Dr. Cornelia Klisch

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