Ein Debattenbeitrag von Denny Möller
Es gibt – so hat es Astrid Lindgren einmal treffend beschrieben – kein anderes Alter, in dem alles so irrsinnig intensiv erlebt wird, wie die Kindheit. Das macht die Pandemie für die Kinder und Jugendlichen zur doppelten Katastrophe. Nicht nur, dass Corona mit besonderer Intensität in ihr Leben und ihre Zukunftschancen eingreift. Auch erleben viele Kinder und Jugendliche der notwendigen Corona-Maßnahmen und der ständigen Angst vor einer potentiell lebensgefährlichen Infektion seit vielen Monaten in irrsinniger Intensität so ziemlich gar nichts mehr.
Der Hildesheimer Soziologe Michael Corsten hat schon 2020 treffend von einer „Generation am Wartegleis“ gesprochen. Viele wichtige Lebensentscheidungen müssen aufgeschoben werden. Es fehlen Gelegenheiten, sich auszuprobieren, sich zu verlieben und den Weg in ein eigenes, selbstbestimmtes Leben zu finden. Für eine ZDF Doku hat Anna Kleiser vor einem Jahr viele junge Menschen interviewt und kommt zu dem selben Schluss: In einigen Aspekten trifft die Pandemie gerade junge Menschen mit besonderer Härte.
Mittlerweile leben wir im zweiten Jahr der Pandemie. Kinder und Jugendliche haben immer noch ähnliche Gefühle, wie eine Studie der Universität Hildesheim zeigt. Laut der JuCo II Studie bekräftigten im Winter 2020 fast die Hälfte der Jugendlichen, dass sie Angst vor der Zukunft hätten. 65 % der Befragten gaben an, dass sie sich von der Politik nicht gehört fühlen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass Kinder und Jugendliche nicht am Wartegleis vergessen werden dürfen und blicke deshalb mit Sorge auf die aktuellen Haushaltsverhandlungen. Das Thüringer Bildungsministerium plant Mittelkürzungen im Bereich der örtlichen Jugendförderung. Was für ein fatales Zeichen an die Jugendlichen in Thüringen ist das?
Diese Förderung dient dazu, den Thüringer Jugendämtern eine dauerhaft finanzierte Grundlage für die Jugendarbeit vor Ort zu sichern. Die Jugendarbeit ist eine wichtige Säule in unserer Gesellschaft, sie schafft Orte und Möglichkeiten für Jugendliche, sich selbst auszuprobieren und Zeit unverplant und selbstbestimmt zu verbringen.
Zu Recht sorgen die geplanten Mittelkürzungen im Haushaltsentwurf des Landes auch beim Landesjugendring, den Trägern der Jugendarbeit und dem Landesjugendhilfeausschuss für Sorgen und Unverständnis. Als jugendpolitischer Sprecher meiner Fraktion und gelernter Sozialarbeiter teile ich die Besorgnis der Träger und der Gremien. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir insbesondere in diesen schwierigen Zeiten eine breit aufgestellte örtliche Jugendarbeit und die vielfältigen Angebote der Jugendverbände brauchen.
Meine Fraktion und ich haben uns deshalb in den Haushaltsverhandlungen für einen Änderungsantrag stark gemacht, der 2 Millionen Euro mehr für die örtliche Jugendförderung vorsieht. Damit gelingt es, die beabsichtigte Mittelkürzung rückgängig zu machen und die bisherige Landesförderung um 500.000 Euro zu erhöhen. Für die örtliche Kinder- und Jugendarbeit und der Jugendverbände vor Ort würde dann im kommenden Jahr 17 Millionen Euro zur Verfügung stehen.
Es ist bis heute ungewiss, wie sich die Pandemie weiterentwickelt und mit welchen Herausforderungen wir in Zukunft konfrontiert sind. Für mich ist jedoch klar, jeder Tag am „Wartegleis“ ist ein Tag zu viel. Es ist unsere Aufgabe als Jugendpolitiker:innen, alles uns mögliche zu tun, damit Kinder und Jugendliche trotz Pandemie die besten Chancen darauf haben, in irrsinniger Intensität nur das Beste zu erleben. Die bessere Finanzierung der örtlichen Jugenförderung gehört dazu. Gehen wir es an!